55 Minuten lang hatte alles nach einem souveränen BHC-Sieg ausgesehen. Auch ohne Fabian Gutbrod, der über Schmerzen am Schienbeinkopf klagte, agierten die Löwen überzeugend im Positionsangriff. Tomas Babak und Linus Arnesson trafen entweder selbst oder sie suchten das Anspiel - entweder nach außen zu Jeffrey Boomhouwer, der in der ersten Halbzeit drei Mal aus dem Feld traf, oder an den Kreis, über den die Löwen immer wieder zum Siebenmter kamen. Bis zur bitteren Schlussphase saßen alle BHC-Strafwürfe: Arnor Gunnarsson verwandelte drei Mal, Boomhouwer vier Mal.
Der 14:11-Vorsprung zur Pause war folgerichtig, hätte auch noch klarer ausfallen können. Die Eulen agierten fehlerbehaftet, was der BHC nicht immer konsequent bestrafte. Trotzdem waren die Gäste besser und setzten diesen Trend auch in der zweiten Hälfte fort. Linus Arnesson und Boomhouwer stellten auf 17:12. Vom ersten Ärgernis des Abends ließ sich der BHC nicht beeindrucken. Arnor Gunnarsson musste mit muskulären Problemen ausgewechselt werden, und der für ihn gekommene Yannick Fraatz kassierte kurz darauf - beim Versuch den Ball zu stehlen - die Rote Karte. Er erwischte Gegenspieler Max Neuhaus unglücklich im Gesicht. Fortan agierten die Bergischen mit Ragnar Johannsson auf der Außenposition. Der Isländer ist eigentlich Rückraumspieler.
Die Gäste blieben dennoch deutlich vorne. Sie kontrollierten das Spiel, hielten den Vorsprung durch Treffer von Rafael Baena und Max Darj. Nach Babaks 26:21 schien die Partie entschieden, spätestens aber nach Darj' 27:23, das er nach einem Abpraller markierte, witterten die lautstarken, mitgereisten BHC-Fans den zweiten Auswärtssieg der Saison. Doch es kam anders. Boomhouwer trat beim 24:27 zum Siebenmeter an und verwandelte erstmalig nicht. Auf der anderen Seite verkürzte Dominik Mappes blitzschnell auf zwei Tore - und die Löwen wackelten.
In einer nun beeindruckenden Atmosphäre rochen die Eulen nun die Sensation und warfen alles rein. Der BHC scheiterte vorne an Torhüter Martin Tomovski, die Hausherren versenkten die Kugel nun in jedem Angriff. Nach Gunnar Dietrichs Ausgleich zum 27:27 hatten die Gäste noch ein Mal den Ball. Den letzten Wurf nahm Linus Arnesson, aber der Eulen-Schlussmann hielt erneut. Ludwigshafen feierte den Punkt wie einen Sieg, für den BHC war es zum zweiten Mal in Serie eine gefühlte Niederlage.
LÖWENGEBRÜLL: Die Stimmen zum Spiel
Sebastian Hinze: "Es fühlt sich wie ein Punktverlust an für uns. Wir haben es 56 Minuten souverän gemacht, aber was dann in den letzten vier Minuten passiert, ist ärgerlich. Man kann es an einzelnen Situationen festmachen: den verworfenen Siebenmeter, einen Ball von außen, den letzten Abschluss noch - aber in der Summe müssen wir das Spiel zumachen, deshalb fühlt es sich sehr schlecht an heute. Trotzdem muss ich auch die 56 Minuten vorher bewerten. Und da war ich sehr zufrieden mit dem Auftritt der Mannschaft, aber leider haben wir uns dafür nicht mit zwei Punkten belohnt."
Benjamin Matschke: "Der BHC hat es auf den Punkt gespielt - gegen die 6:0 und die 5:1. Mit Lösungen, mit guten individuellen Aktionen. Ich frage mich selber, wie es möglich ist, dass wir hier noch einen Punkt holen. Auf der einen Seite freue ich mich natürlich. Auf der anderen Seite ärgere ich mich auch, weil wir nicht das geschafft haben, was wir wollten. Wir wollten von Anfang an diese Halle mit reinnehmen. Wir haben erst kurz vor Schluss die Impulse gesetzt, die nötig sind. Bis dahin müssen wir schon etwas Emotionalers bieten, als das, was wir bis zur 50. Minute geboten haben. Das muss ich mit den Jungs bearbeiten. Matchwinner ist für mich Freddy Stüber. Ein Dank an die Zuschauer, die vielleicht dafür gesorgt haben, dass der BHC am Ende vielleicht zu früh abgeschlossen hat oder die letzte Konsequenz hat vermissen lassen."
Jörg Föste: "Vor elf Tagen hatten wir das Spiel gegen Göppingen zu Hause. Da war die Frage, ob es ein verlorener oder gewonnener Punkt gewesen sei. Wenn man heute diese Frage beantworten müsste, steht es nicht zur Diskussion. Wir müssen für die Zukunft vor allem die 55, 56 Minuten mitnehmen, in denen wir ein ganz souveränes Auswärtsspiel gemacht haben. Wir sollten uns nicht zu sehr aufhängen an den letzten vier, fünf Minuten, die in einzelnen Situationen auch jederzeit zu einer Entscheidung zu unseren Gunsten hätten führen können. Glückwunsch trotzdem an den Gastgeber, der bis zur letzten Sekunde gekämpft hat und belohnt wurde - und damit auch verdient."